Der Begriff Liebe wird inzwischen überaus inflationär gebraucht. Alles ist sofort Liebe und die große Liebe und die wahre Liebe. Umgekehrt ist die Liebe auch immer ganz schnell weg. Plötzlich ist es keine Liebe mehr und plötzlich ist schon ein neuer Partner da, obwohl es doch Liebe war. Ich persönlich finde, dass das Wort in den letzten 20 Jahren sehr gelitten hat und kaum noch etwas bedeutet. Dabei ist Liebe wirklich etwas Großartiges und etwas, wofür es sich zu kämpfen lohnt. Aber auch etwas, für das man wirklich bereit sein muss. Ab wann ist es Liebe? Gibt es überhaupt eine Definition und was hat es mit der Gewohnheit auf sich? Lest den Artikel 😉
Definiere Liebe
Wenn man das Wort Liebe googelt, kommen viele Definitionen und Erklärungsversuche. Aber eine konkrete, allgemeingültige Definition gibt es nicht. Jeder definiert es für sich selbst und das ist auch in Ordnung so. Dieser Artikel soll dafür sensibilisieren, dass Liebe kostbar ist und nicht an jeder Ecke lauert, aber eben auch nicht einfach verschwindet, nur weil jemand neues mit am Tisch sitzt.
Ist es noch Verliebtheit oder schon Liebe?
Liebe wird oft mit dem ersten Verliebtsein verwechselt. In den ersten Wochen und Monaten fühlt sich alles so leicht an. Viel besser als mit dem Ex und endlich versteht uns jemand und endlich ist es der Richtige. Die Hormone fahren Achterbahn und wir kommen nicht auf die Idee, dass der andere auch Ecken und Kanten haben könnte. Unangenehme Fragen schieben wir gerne beiseite, weil wir diese rosarote Welt nicht verlassen wollen. Liebe ist viel Fantasie, Träumerei und Idealisierung. Diese Phase ist aber auch sehr fragil. Liebe ist eine bewusste Entscheidung, die mit Verliebtsein nichts zu tun hat. Machen wir einen kleinen Ausflug in die Physiologie:
Neurologisch und physiologisch spielen sich diese beiden Gefühle in unterschiedlichen Hirnregionen ab und sind mit unterschiedlichen Botenstoffen verbunden. Verliebtheit ist ein evolutionärer Ausnahmezustand, der mit Kampf, Angst und Kokainkonsum vergleichbar ist. Es kommt zu Aktivitäten im Hirnstamm. Adrenalin und Dopamin werden freigesetzt. Das sind Botenstoffe, die unser Körperempfinden auf Hochtouren bringen (daher der Name: laute Botenstoffe). Verliebtheit ist kein Dauerzustand, denn der Körper reguliert sie herunter. Liebe ist das, was danach kommt: im Großhirn. Passend zum Gefühl des „Ankommens“ und des „sich-sicher-Fühlens“ werden Serotonin, das Bindungshormon Oxytocin und das Glückshormon Endorphin ausgeschüttet (leise Botenstoffe). Wir bemerken sie nicht. Sie sind einfach da. Es sind zwei völlig unterschiedliche Zustände. Niemand macht sich Gedanken über solche Zusammenhänge. Jeder jagt dieser anfänglichen Verliebtheit hinterher und wundert sich, dass die Gefühle sich verändert haben und nicht mehr zurückkommen. Die Menschen merken nicht, dass es längst Liebe ist. Sie warten auf die Verliebtheit, die schon aus rein medizinischer Sicht so nicht wiederkommt. Oft kommen Paare zu mir mit dem Wunsch, die Verliebtheit vom Beginn zu spüren und sich sozusagen neu zu verlieben. Alle Ratgeber-Tipps à la Date Night, neue Dessous kaufen und Neues ausprobieren, führen auf Dauer nicht zur Zufriedenheit. Klar, irgendwann ist auch das nichts neues mehr. Egal, wie oft ich es wiederhole. Insbesondere Langzeitpaare reden sich raus oder reden es sich schön mit: “nach 10 Jahren ist es nicht mehr so perfekt, wie am Anfang“ oder “wenn man solange zusammen ist, ist nicht mehr alles so doll, das verändert sich“. Da wird sozusagen die großartige Tatsache, dass eine Beziehung so lange hält, gegen sich selbst verwendet. Es ist seltsam, dass Menschen so etwas tun und gleichzeitig hoffen, etwas zurückzubekommen.
Liebe wächst, sie ist nicht einfach da
Liebe ist kein Zufall. Sie ist nichts, was einem die gute Fee zum Geburtstag schenkt. Sie ist das Ergebnis eines gemeinsamen Weges. Eines Weges, der manchmal steinig ist, der sich manchmal falsch anfühlt, der nicht immer offensichtlich ist. Er beginnt mit dem Verliebtsein, dann folgt eine beidseitige und bewusste Entscheidung füreinander. Dann folgt emotionale Arbeit an sich selbst und aneinander, Akzeptanz, Verständnis, Vertrauen. Selbstreflexion, immer und immer wieder. Und dann erst folgt irgendwann die Erkenntnis, oft in einem einzigen Moment offenbar: Ja, das ist es. Das ist es. Das ist Liebe. Ich persönlich finde es erschreckend, wie viele Menschen nach zwei Monaten von Liebe sprechen. Wie schnell sie sich von ein paar schönen Stunden und einem gemeinsamen Urlaub beeindrucken lassen und versuchen auf dieser einzigen Erinnerung ihr Leben aufzubauen. Ehrlich gesagt habe ich noch nie gehört, dass solche Geschichten lange halten. Liebe wächst. Sie muss wachsen. Sie setzt sich aus so vielen Faktoren zusammen, die nie in ein paar Wochen da sind. Die meisten Experten sind sich einig, dass Liebe über Jahre wächst und gute Substanz braucht, um zu gedeihen. Umgekehrt verschwindet sie auch nicht einfach, wenn der eine nicht so funktioniert oder der andere einen Fehler gemacht hat. Sich zu “verlieben“ braucht auch seine Zeit. Das Geschehene muss erst einmal verarbeitet werden. Es muss eine emotionale Aufarbeitung in die andere Richtung stattfinden. Auch das braucht seine Zeit und ist selten in 6 Wochen erledigt. Es gibt immer wieder Erinnerungsmomente, Triggerpunkte die an Vergangenes erinnern. Ich kann hier nur raten:
Nehmt euch Zeit für die Liebe und nehmt euch Zeit, die Liebe gehen zu lassen!
Wichtige Fakten rund um die Liebe
Wichtige Fakten, rund um die Liebe
- Liebe kommt, sie darf aber auch gehen – Liebe ist nicht vorhersehbar, aber auch nicht zwangsläufig beständig. Liebe bewegt sich in Wellen und ist manchmal mehr und manchmal weniger präsent
- Stress ist ein Liebeskiller – Das Gefühl von Stress raubt jedem den Nerv. Auch der Liebe zum Partner schadet dieser Stress. Denn dieser beeinflusst die emotionale, intellektuelle und körperliche Leistungsfähigkeit eines jeden Menschen.
- Die DNA macht es – Die biochemische Anziehungskraft zweier Menschen ist nicht steuerbar und dient der Arterhaltung. Je unterschiedlicher und damit stimmiger die DNA des anderen, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass man sich sehr angezogen fühlt.;)
- look back – Von wegen, man soll nicht in Erinnerungen schwelgen, weil sie der Vergangenheit angehören! In Sachen Liebe kann das sogar einen positiven Effekt auf die Beziehung haben. Das bewusste Hervorrufen von schönen, gemeinsamen Erinnerungen, das Erzählen von alten Geschichten und das Anschauen schöner Erinnerungsfotos kann selbst eine entfremdete Beziehung wieder ein wenig reparieren.
- Liebe ist nicht selbstverständlich – man sollte die Liebe nie für selbstverständlich halten. Liebe ist Arbeit, viel Arbeit. Man sollte sie zeigen und die Zuneigung schätzen. By the way: es ist ein schöneres Gefühl, selbst zu lieben, als die Liebe zu empfangen.
- Reanimation ohne Erfolg – Wenn die Liebe erstmal schwer beschädigt wurde, ignoriert wurde und mit Füßen getreten wurde, ist es tatsächlich schwer, die einstige rosarote Brille, das Gefühl von Unbeschwertheit und Zusammenhalt wieder zu reanimieren.
Die wichtigste Liebe ist aber..
die Liebe zu sich selbst. Denn ohne sie kann keine Liebe zu jemand anderem von Dauer sein. Mit Selbstliebe ist gemeint, dass wir auch dann gut zu uns selbst sind, wenn etwas nicht so gut gelaufen ist oder wir mit unseren eigenen Unzulänglichkeiten konfrontiert werden. Es geht also darum, sich selbst anzunehmen. Es ist wichtig, dass wir uns in Selbstmitgefühl üben, das heißt, dass wir in schwierigen Situationen nett zu uns selbst sind, Verständnis zeigen und nicht so hart mit uns selbst sind. Das ist nicht immer leicht. Vor allem dann nicht, wenn wir glauben, dass wir einen Teil der Schuld an einer Situation tragen. Eine positive Einstellung zu sich selbst, auch in schwierigen Situationen, bringt viele Vorteile mit sich. Sie fördert Optimismus, Lebenszufriedenheit und emotionale Intelligenz. Wenn wir uns selbst lieben können, sind wir in der Regel auch glücklicher und offener für andere. Vor allem sind wir dann in der Lage, mit Komplimenten und netten Aufmerksamkeiten des anderen angemessen umzugehen.
4 schnelle Tipps für mehr Selbstliebe
- Überlege am Abend, was am Tag alles Schönes passiert ist. Versuche alle Situationen zu betrachten und suche die Dinge heraus, die für dich gut und schön waren. Ändere die Perspektive auf das, was passiert ist. Führe eine Art positives Tagebuch.
- Wenn negative Gedanken auftauchen, sage ein Codewort wie Stop oder Ende. Versuche aktiv, diesen Strudel zu unterbrechen und deine Gedanken auf etwas Schönes zu lenken. Den letzten Urlaub, einen Shoppingtag, ein Lob vom Chef.
- Statt es allen recht machen zu wollen, löse dich von der Vorstellung, es allen recht machen zu müssen. Mache dir bewusst, dass ein Nein zu jemand anderem ein Ja zu dir selbst sein kann. Mache dir bewusst, dass andere Menschen von deiner tollen Handtasche oder deinen teuren Schuhen nichts haben und es ihnen völlig egal ist, weil es für sie nicht wichtig ist. Du bist nicht wertvoller, weil du Geld für andere ausgibst!
- Frage dich, welches Leben du lebst. Das Leben, das die Gesellschaft von dir verlangt oder das Leben, das du führen möchtest. Sich der Gesellschaft anzupassen, zu versuchen, seinen Erfolg durch Güter zu vermarkten, stärkt nicht das Selbstwertgefühl. Im Gegenteil, es ist anstrengend und erfordert viel Geduld und ein gutes Gedächtnis. Sei du selbst, lebe, wie DU es willst.
Liebe auf den ersten Blick ist ungefähr so zuverlässig wie die Diagnose beim ersten Händedruck .
George Bernard Shaw –
Dein Coach Nadja