Wenn ich jetzt frech bin, frage ich: „Warum?“ „Warum ist das unfair und warum sollte er? Natürlich ist es eine weit verbreitete Ansicht, dass Kompromisse zu einer Beziehung gehören. Fast jeder sagt das, und ebenso viele leben es. Wundern sich aber oft, warum es auf Dauer nicht glücklich macht. Ein Kompromiss ist ein schleichender Beziehungskiller, der lange unbemerkt bleibt und dann mit voller Wucht zuschlägt. Ein Kompromiss macht niemanden glücklich, er macht beide in der Beziehung halbwegs zufrieden und erhält für den Moment die Harmonie. Interessenbasiertes (Ver.)- handeln kann hier die bessere Lösung sein. Was das bedeutet, was es mit Kompromissen auf sich hat und ob sie wirklich immer schlecht sind, erfährst du im folgenden Artikel.
Gift für eine Partnerschaft
So könnte man den Kompromiss auch nennen. In Stellenanzeigen mag es Sinn machen, jemanden zu suchen, der anpassungsfähig und kompromissbereit ist. In Beziehungen nicht! Schon unsere Großeltern wussten, dass Kompromissbereitschaft elementar für eine gute Partnerschaft ist. Wobei vor 50 Jahren darunter eher verstanden wurde, dass der Mann bestimmt, wo, wann und wie etwas zu geschehen hat. Die Frau musste dann kompromissbereit sein. In der Regel war der Mann der Versorger und damit derjenige, der entschied. Heute kämpfen Frauen vehement darum, unabhängig und selbstbestimmt zu sein und als solche anerkannt zu werden. Und schon sind sie wieder in der Abhängigkeit. Oder in einem Kompromiss. Ein Kompromiss ist nichts anderes als eine Abhängigkeit. Abhängigkeit davon, dass der andere die Hälfte seiner Wünsche aufgibt, um die Hälfte der eigenen Wünsche zu erfüllen. So haben beide eine vermeintliche Lösung gefunden, den sogenannten Mittelweg. Im Grunde haben aber beide nichts anderes erreicht, als das aufzugeben, was ihnen wichtig ist und was sie sich gewünscht haben, und so bleiben 2 halbzufriedene Menschen zurück. Wer jahrelang nur halb zufrieden ist, wird irgendwann ganz unzufrieden. Das klingt wünschenswert! *Ironie off*
Rot und Weiß wird Rosa
Lisa und Sam können sich nicht auf eine Wandfarbe für das Schlafzimmer einigen. Lisa möchte weiß. Sie mag es clean und minimalistisch, nicht viel Schnörkel. Sam hingegen mag knallige Farben. Mit Rot verbindet er Erotik und findet das passt ins Schlafzimmer. Nach langem hin und her fällt das Wort Kompromiss. Wie kann von jedem etwas einfließen? Sie mischen beide Farben und haben nun ein zartes Rosa. Es ist also weder clean noch knallig. Im Gegenteil, beide finden diese Bonbonfarbe schrecklich und wenig erotisch. Es ist aber nunmal ein Kompromiss. Das Beispiel zeigt, was bei jedem Kompromiss passiert: keiner bekommt, was er möchte. Es gibt zwei Verlierer, jeder ist unzufrieden. Einer von beiden kann dann sagen: “komm, es ist ja nicht für immer“ Das wäre dann sich die Sache schöngeredet. Mit Urlaubsplänen ist es nicht anders. Wenn der eine auf die Bahamas möchte, die andere lieber nach Thailand, dann wäre Libyen ungefähr die geografische Mitte. Wirklich eine Alternative?
Es ist eine neue Variante, eine Mischung von Forderungen, meist jedoch ein Ergebnis mit reduzierten Vorstellungen. Kompromisse sind für beide frustrierend. Das Motto ist: ich bekomme zwar nicht, was ich will, dafür bekommst Du aber auch nicht, was Du willst.
Für kurzfristige Entscheidungen sinnvoll
Geht es um kurzfristige Angelegenheiten, wie die Frage wo am Abend das Essen stattfinden soll. Italiener oder lieber Asiate, kann es sinnvoll sein zu sagen, heute zum Italiener und beim nächsten mal zum Asiaten. Das Abwechseln ist ein Kompromiss, bei dem kurzfristig niemand auf der Strecke bleibt. Bei langfristigen Projekten, kommt dieses System an seine Grenzen. Bei der Entscheidung Landhaus oder Stadtvilla, SUV oder Cabrio geht es um deutlich bedeutendere Inhalte. Außerdem kommt es auf die Art und Weise an, wie der Kompromiss kommuniziert wird. Es macht bei solchen Themen Sinn, in die Tiefe zu schauen. Was verbindet der eine oder andere mit dem jeweiligen Thema. Welche Emotionen sind damit verknüpft? Habe ich mich mit meinem Gegenüber ausreichend auseinander gesetzt, um zu wissen was ihn glücklich macht und was er sich wünscht? Leider sind Kompromisse oft auch Zeichen für eine völlige Fehleinschätzung meines Gegenübers. Anders gesagt. Nach der ersten Verliebtheitsphase, in der sowieso alles und jedes ganz toll ist, zeigen sich bei jedem Menschen die wahren Anforderungen, Wünsche und Neigungen, die zu Beginn nicht sofort sichtbar sind bzw. nicht sichtbar sein sollen.
Interessenbasiertes Verhandeln
Hierbei stehen nicht die absoluten Forderungen SUV oder Cabrio im Vordergrund oder die Stadtvilla oder das Landhaus, sondern die dahinter liegenden Interessen. Was verbindest Du mit SUV oder Cabrio fahren? Was ist der Grund für Deinen Wunsch? Was verbindest Du mit dem Leben in der Stadt oder auf dem Land? Warum möchtest Du das, was Du möchtest? Schaut man mit dem Partner auf die gegenseitigen Emotionen und die Motivation, werden die absoluten Positionen fast unwichtig.
Wenn die wahren Bedürfnisse beider Partner auf dem Tisch liegen, kann eine Lösung gefunden werden, mit der beide glücklich sind und die für beide nicht nur eine machbare Alternative darstellt, sondern etwas, mit dem sie voll und ganz zufrieden sind. Wenn ein solches Ergebnis gefunden wird, gewinnen beide Partner das, was für eine glückliche und erfüllte Partnerschaft wichtig und unverzichtbar ist: Verständnis, Respekt und Nähe. Eine Beziehung funktioniert nicht, wenn möglichst viele Kompromisse geschlossen werden. Eine Beziehung lebt von der ehrlichen Kommunikation auf Augenhöhe. Wenn beide Partner bereit sind, über den eigenen Tellerrand zu schauen und das eigene Verhalten zu hinterfragen und zu reflektieren, ist das eine sehr gute Basis für eine solide und lange Partnerschaft.
Findest du es nicht viel schöner, etwas zu tun, das deinem Partner wirklich etwas bedeutet? Sollte es nicht der Sinn einer Beziehung sein, sich gegenseitig noch glücklicher zu machen, als man es alleine schon wäre? Ist es nicht toll, wenn du durch deinen Partner so sein kannst, wie du gerne bist und dein Partner auch der sein kann, der er gerne sein möchte? Glaubst du nicht, dass dein Partner sich bei dir wohler fühlt, wenn er auch entscheiden darf, wenn er wichtig sein darf?
– Nichts davon ist das Ergebnis eines Kompromisses –
Dein Coach Nadja